Interview mit Guido F. Gebauer

Guido ist Gründer der Partnervermittlung „Gleichklang“. Er ist bezeichnet sich selbst als hochsensibel und hat etwas geschafft, wovon viele HSP träumen. Er lebt als Selbständiger im wunderschönen Kambodscha in Asien und erwirtschaftet sein Geld durch sein eigenes Online-Geschäft. Seine Partnerböse bietet bewussten, spirituellen, vegetarisch / vegan lebenden Singles die Möglichkeit, Gleichgesinnte kennenzulernen. Aus eigener Erfahrung hat er für seine Kunden die Rubrik „hochsensibel“ als Suchkriterium hinzugefügt. Mit Erfolg!

 

F: Lieber Guido, stelle Dich bitte kurz unseren Lesern vor. Wie bist Du auf die Idee gekommen, eine eigene Partnervermittlungsagentur zu gründen?
Die Idee für die Gründung einer Partnervermittlung entstand vor mehr als 20 Jahren während meines Psychologiestudiums. Damals hatte es die heutigen großen Online-Partneragenturen noch nicht gegeben. Meine Idee war, Menschen zusammen zu bringen, die tatsächlich zueinander passen. Lange Zeit ruhte die Idee. Ich beendete mein Studium und promovierte in England zu Prozessen des unbewussten Lernens. Im Anschluss arbeitete ich in der forensischen Psychiatrie. Bald merkte ich, dass dies mich nicht dauerhaft erfüllen würde. So kehrte ich zu der alten Idee zurück. Gemeinsam mit drei Freunden bin ich dann 2006 mit Gleichklang an den Start gegangen. Die folgenden 10 Jahre betrieb ich Gleichklang parallel zu meiner Tätigkeit als Gerichtsgutachter. Vor knapp zwei Jahren beendete ich meine Gutachter-Tätigkeit. Jetzt lebe ich in Kambodscha. Von hier aus organisiere ich gemeinsam mit dem Geschäftsführer Seksan Ammawat die Ausdehnung von Gleichklang auf den asiatischen Raum.

 

F: Wann hast Du zum ersten Mal vom Phänomen der Hochsensibilität erfahren?

Ich habe erst relativ spät nach Beendigung meines Psychologie-Studiums von dem Konzept der Hochsensibilität erfahren. Während meiner Promotionszeit habe ich dann begonnen, mich mit dem Konzept und den Schriften von Elaine N. Aron auseinanderzusetzen. Ich habe das damals als eine Augenöffnung erlebt. Mir war vorher schon aufgefallen, dass es Menschen mit einer besonders hohen Sensitivität gibt, die eben gerade nicht als Ausdruck einer psychischen Erkrankung zu bewerten ist. Ich habe die Hochsensibilität von Anfang an vor allem als eine Ressource bewertet.



F: Würdest Du Dich selbst als hochsensibel bezeichnen?

Durch eine ressourcenorientierte Sichtweise der Hochsensibilität fühle ich mich persönlich sehr gut beschrieben. Eine erhöhte Sensitivität ermöglichte es mir bereits in der Kindheit, gesellschaftliche Umgangsformen zu hinterfragen. Mit 13 fand ich aufgrund eines von mir stark wahrgenommenen Mitgefühls für Tiere zur vegetarischen und mit 18 zur veganen Lebensweise. Mein Werdegang ist von einer Veränderungsbereitschaft und Neugier geprägt. Letztlich hat dies zu meiner Auswanderung nach Kambodscha geführt. Ich glaube, die Hochsensibilität hilft mir, mich auf das individuelle Erleben von Menschen einzulassen, Unterschiedlichkeit zuzulassen und für offen zu sein.

 

F: Wie kam es, dass Du „Hochsensible“ als eigenständige Kategorie in Deiner Dating-Plattform eingeführt hast?

Die Vermittlung für Hochsensible haben wir aufgrund einer Zuschrift eines hochsensiblen Mitgliedes eingeführt. Zeitgleich hatte mir dazu ein psychologischer Kollege geraten, der ein Seminar von mir besuchte. Das Argument war, dass Hochsensible in Beziehungen auf Schwierigkeiten stoßen, wenn ihre Hochsensibilität nicht verstanden wird. Dieses Argument habe ich sofort nachvollziehen können. Seither erheben wir von jedem Mitglied das Vorliegen von Hochsensibilität. Gleichzeitig erfragen wir von allen Mitgliedern die Akzeptanz und das Verständnis für einen hochsensiblen Partner. Auf dieser Grundlage schlagen wir hochsensiblen Menschen andere Personen vor, bei denen Verständnis und Akzeptanz gegeben sind.

 

F: Worin siehst Du Deine Berufung?

Ich möchte nach meinen Überzeugungen leben. Im Rahmen des Möglichen will ich zu einer sensitiveren und mitmenschlicheren Welt beitragen. Ich engagiere mich für die vegane Lebensweise. Mit Hilfe von Gleichklang kann ich Menschen dabei unterstützen, einander kennen zu lernen und ein gemeinsames Leben aufzubauen. In Kambodscha möchte ich in der Zukunft einen Lebenshof für sogenannte Nutztiere gründen, der Menschen und Tieren zugutekommen soll.

 

F: Schreiben Dir hochsensible Kunden wegen der Partnersuche? Wenn ja, welche Fragen beschäftigen sie?

Ja, gelegentlich erhalte ich Post von hochsensiblen Mitgliedern. Das Spektrum umfasst viel positiven Zuspruch. Es gibt aber auch den Hinweis, dass Hochsensibilität viel zu komplex für unseren Vermittlungsansatz sei. Manche berichten von Enttäuschungen, andere schreiben mir von der großen Liebe, die sie dank Gleichklang gefunden haben. Menschen haben unterschiedliche Lebenserfahrungen und auch bei Gleichklang sind ihre Erfahrungen unterschiedlich. Dies spiegelt sich in den Zuschriften wider.

 

F: Wie viele hochsensible Paare haben sich über Gleichklang schon gefunden? Gibt es dazu
Zahlen, eine Tendenz, dass sich über Gleichklang mehr HSP-HSP Paare finden als HSP-nicht HSP?

Wir haben 2012 die hochsensible Vermittlungsoption eingeführt. Seither haben uns 1258 hochsensible Mitglieder mitgeteilt, dass sie eine Partnerschaft über uns gefunden haben. Es geben uns keineswegs alle Mitglieder eine Rückmeldung über den Vermittlungserfolg. Ich gehe daher von einer weitaus größeren Gesamtzahl erfolgreicher Vermittlungen aus.Hochsensible Mitglieder erhalten bei uns nur solche Mitglieder vorgeschlagen, die für eine Partnerschaft mit einer HSP offen sind. Eigene Hochsensibilität und Offenheit für eine Beziehung mit einem hochsensiblen Menschen gehen dabei oft Hand in Hand. Mehr als 2/3 der Mitglieder, die eine Offenheit angeben, sind nach ihren eigenen Angaben selbst hochsensibel. Entsprechend tritt auch bei einer vergleichbar großen Mehrheit der Gleichklang-Paare Hochsensibilität bei beiden Partnern auf. Eine glückliche Beziehung ist nach meinen Beobachtungen auch zwischen einem hochsensiblen und einem nicht hochsensiblem Menschen möglich, wenn die Grundlage der Akzeptanz und Kommunikationsbereitschaft gegeben ist.

 

F: Was würdest Du hochsensiblen Psychologiestudenten raten. Worauf sollten sie bei ihrer Berufsweg-Planung achten?

Hochsensible Psychologiestudenten haben den richtigen Beruf gewählt. Denn für eine psychologische Tätigkeit ist nach meiner Einschätzung Hochsensibilität eine Bereicherung. Sie erleichtert es, ein vertieftes Verstehen für Klienten in den unterschiedlichsten Kontexten und Lebenslagen zu entwickeln. Für effektive Beratung und Hilfestellung kann dies nach meiner Überzeugung nur hilfreich sein. Natürlich ist es ebenfalls wichtig, dass gerade auch hochsensible Psychologiestudenten sich früh in Abgrenzung üben. Ich halte Empathie, Abgrenzung und Fachkompetenz für die drei Säulen einer wirksamen psychologischen Tätigkeit. Bei Hochsensiblen ist Empathie bereits vorhanden. Abgrenzung und Fachkompetenz können erworben werden. Ich würde hochsensiblen Psychologiestudenten raten, genau darauf zu achten, in welchem psychologischen Tätigkeitsfeld und mit welchen Menschen sie gerne arbeiten möchten. Wichtig finde ich es auch, den Mut zu haben, das Berufsfeld noch einmal zu ändern, wenn die Tätigkeit als nicht mehr erfüllend erlebt wird.

 

F: Du bist ja Dein eigener Chef. Würdest Du Hochsensiblen zu einer Existenzgründung raten? Worauf sollten sie am meisten achten? Welche Hürden sind die wichtigsten auf dem Weg in eine erfolgreiche Selbständigkeit als HSP?

Grundsätzlich halte ich eine Selbständigkeit für Hochsensible für besonders geeignet. Hochsensible haben größere Schwierigkeiten, sich an Bedingungen anzupassen, die sie für ihre Tätigkeit nicht hilfreich erleben. Sie leiden stärker unter bürokratischen Strukturen, die oftmals sinnentleert sind. Als Angestellte haben sie meistens einen nur geringen Spielraum, um Veränderungen umzusetzen. Resignation und Burnout können die Folge sein. In der selbstständigen Tätigkeit ist es leichter, die Inhalte und den Stil einer Tätigkeit mit der eigenen Hochsensibilität zu verbinden. Veränderungsbereitschaft und Intuition können für die selbstständige Tätigkeit sehr wertvoll sein. Trotzdem ist eine Selbständigkeit kein Stein der Weisen. Auch als Selbstständiger muss ich mich mit der nicht hochsensiblen Welt auseinandersetzen, wirtschaftliche Überlegungen anstellen und Kompromisse eingehen. Hierauf sollten sich gerade Hochsensible vorbereiten, wobei hier der Besuch von Seminaren für die Planung einer Selbständigkeit eine wertvolle Unterstützung leisten kann. Hochsensible sollten sich trauen, in sich hineinzuhören, welche Tätigkeit ihrem Wesen entspricht, aktiv werden und die Chance ergreifen, wenn sie sich bietet. Damit will ich nicht sagen, dass Hochsensible nur in einer selbstständigen Tätigkeit Erfüllung finden können. In einem gewissen Ausmaß lässt sich jeder Arbeitsplatz gestalten und Hochsensible können sicherlich auch in einem Angestelltenverhältnis Erfüllung finden. 

F: Wie sieht Dein eigener Berufsalltag heute aus?

Lange Zeit war es anders, heute aber ist meine Arbeitstätigkeit selbstbestimmt. Meine Arbeitstätigkeit besteht darin, die weitere Zukunft von Gleichklang zu planen, psychologische Fachliteratur zu lesen, mit Mitarbeitern und Mitgliedern von Gleichklang zu kommunizieren und Artikel zu mich interessierende Fragen zu schreiben, vor allem für vegan.eu und Hochsensible.eu. Ich schreibe gerade einen Ratgeber für die Online-Partnersuche. Zusätzlich lerne ich jeden Tag sieben Stunden Khmer (Sprache Kambodschas), was für mich eine spannende Herausforderung ist. Ich bin die meiste Zeit des Tages beschäftigt, was ich als eine große Freude erlebe.

 

F: Was wünschst Du Dir für die Zukunft unseres Planeten?

Ich wünsche mir ein auf Mitgefühl beruhendes Miteinander, den Schutz unserer Umwelt und die Achtung vor allem Leben. Ich glaube, unsere Welt muss nicht härter und konsequenter, sondern sensitiver und weicher werden.

Vielen Dank für dieses interessante Interview,

Sylvia Harke

Sylvia Harke

Sylvia Harke

Hallo, Du liest hier meinen Blog zum Thema Hochsensibilität. Ich bin Buchautorin, selbst hochsensibel, Coach und Dipl.-Psychologin. Ich arbeite freiberuflich als Seelen-Dolmetscherin und Schriftstellerin. Mit einer selbständigen Tätigkeit verwirkliche ich meinen Traum von einem selbstbestimmten, kreativen Leben. Ich schreibe über Hochsensibilität, Sensitivität, Erfolg, Beziehungen, Talententwicklung, Kreativität, Selbstverwirklichung und Psychologie.

Hier erfährst Du mehr über mich und meinen persönlichen Weg.

  • dieses Bild führt zu einem Affiliate-Link zu Amazon
<a href="https://www.amazon.de/Hochsensibel-ist-mehr-als-zartbesaitet/dp/3866163568/ref=as_li_ss_il?ie=UTF8&qid=1478440054&sr=8-1&keywords=hochsensibel+ist+mehr&&linkCode=li3&tag=hspacademy-21&linkId=3c1f4b6c47cbe17bd64d6b1745bf991c" target="_blank"><img border="0" src="//ws-eu.amazon-adsystem.com/widgets/q?_encoding=UTF8&ASIN=3866163568&Format=_SL250_&ID=AsinImage&MarketPlace=DE&ServiceVersion=20070822&WS=1&tag=hspacademy-21" ></a><img src="https://ir-de.amazon-adsystem.com/e/ir?t=hspacademy-21&l=li3&o=3&a=3866163568" width="1" height="1" border="0" alt="" style="border:none !important; margin:0px !important;" />

Wenn du über unsere neusten Blogartikel informiert werden möchtest, trage dich einfach in unseren Newsletter ein!

Nachweis Beitragsbild: @Pressmaster – Shutterstock-36219256

Dieser Blog-Artikel könnte Dich auch interessieren:

Interview mit Oliver Domröse, Blogger, Buchautor und hochsensibler Mann